Was sind Platin und Palladium?
Platin und Palladium sind zwei der bedeutendsten Vertreter der sogenannten Platinmetall-Gruppe (Platin Group Metals, PGM), zu der insgesamt sechs Metalle zählen: Platin, Palladium, Rhodium, Ruthenium, Iridium und Osmium. Besonders Platin und Palladium haben sich aufgrund ihrer einzigartigen Eigenschaften zu industriell und wirtschaftlich hochrelevanten Rohstoffen entwickelt.
Physikalische und chemische Eigenschaften
Beide Metalle sind silbrig-weiß, korrosionsbeständig, besitzen eine hohe Dichte und zeichnen sich durch ihre hohen Schmelzpunkte aus (Platin: ca. 1.768 °C, Palladium: ca. 1.555 °C). Zudem gelten sie als gute Katalysatoren, was sie für chemische Reaktionen in industriellen Prozessen unersetzlich macht.
Ein weiterer Vorteil: Sie oxidieren kaum und reagieren nur langsam mit Umwelteinflüssen – ideal für langlebige Anwendungen in Technik und Industrie.
Historische Entdeckung und Nutzung
Platin wurde bereits in präkolumbianischen Kulturen Südamerikas verarbeitet. Auch im alten Ägypten lassen sich Hinweise auf platinähnliche Legierungen finden, wenngleich das Metall in Europa erst im 18. Jahrhundert gezielt untersucht wurde.
Palladium hingegen wurde 1803 vom englischen Chemiker William Hyde Wollaston entdeckt – benannt nach dem Asteroiden Pallas, der kurz zuvor entdeckt worden war.
Während Platin in der Schmuck- und Münzprägung früh seinen Platz fand, stieg die industrielle Bedeutung beider Metalle erst im 20. Jahrhundert sprunghaft an – vor allem durch den Einsatz in Abgaskatalysatoren.
Vorkommen und Marktcharakteristika
Beide Metalle kommen nur in sehr geringen Konzentrationen in der Erdkruste vor – was sie zu besonders seltenen Rohstoffen macht. Hauptförderländer sind Russland, Südafrika, Kanada und die USA. Die globale Fördermenge ist begrenzt, was die Preise stark von geopolitischen Entwicklungen, Lagerbeständen und der industriellen Nachfrage abhängig macht.
Platin und Palladium werden an den internationalen Warenterminbörsen – u.a. der New York Mercantile Exchange (NYMEX) und der London Metal Exchange (LME) – gehandelt. Ihre Kurse schwanken stark, da sie von Angebots- und Nachfragetrends, politischen Risiken (z.B. in Russland oder Südafrika) und technischen Innovationen beeinflusst werden.
Industrielle Bedeutung von Platin
Platin zählt zu den vielseitigsten Industriemetallen überhaupt. Seine physikalischen und chemischen Eigenschaften – wie Korrosionsbeständigkeit, hohe Temperaturtoleranz und exzellente Katalysefähigkeit – machen es in zahlreichen Schlüsselbranchen unverzichtbar.
Zentrale Einsatzbereiche
Platin findet weltweit Anwendung in:
Abgaskatalysatoren für Diesel-Fahrzeuge: Platin spaltet giftige Gase wie Kohlenmonoxid oder Stickoxide in weniger schädliche Bestandteile. Vor allem in Dieselmotoren ist Platin gegenüber Palladium aufgrund seiner Temperaturbeständigkeit und Reaktionsfreudigkeit überlegen.
Katalysatoren in der chemischen Industrie: Platin wird in großtechnischen Prozessen verwendet, etwa bei der Herstellung von Salpetersäure, Benzin, Düngemitteln und Silikonen. Besonders in der Petrochemie ist es unersetzlich.
Schmuckherstellung: Aufgrund seines edlen Glanzes, seiner Seltenheit und Beständigkeit ist Platin ein beliebtes Edelmetall für hochwertigen Schmuck, insbesondere für Eheringe und luxuriöse Uhren.
Medizintechnik: Platin ist biokompatibel, also gut vom menschlichen Körper verträglich. Es findet Verwendung in Herzschrittmachern, Stents, Dentallegierungen und Implantaten.
Wasserstofftechnologie: Ein wachsender Zukunftsmarkt: Platin ist zentral für die Elektrolyse zur Wasserstoffgewinnung sowie für Brennstoffzellen, etwa in emissionsfreien Fahrzeugen oder stationären Energiesystemen.
Platin in der Energiewende
Die grüne Transformation der Industrie gibt Platin eine neue strategische Rolle. Im Zuge der weltweiten Dekarbonisierungsbemühungen steigt die Nachfrage nach Technologien, die auf grünem Wasserstoff basieren – insbesondere in Europa, Japan und Südkorea.
Elektrolyseure, die Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff zerlegen, benötigen Platin (oft in Kombination mit Iridium) als Katalysator.
In PEM-Brennstoffzellen (Proton Exchange Membrane), die Wasserstoff in Strom umwandeln, ist Platin für die Reaktion an der Elektrodenoberfläche essenziell.

Palladium – das Metall der Autoindustrie
Palladium ist eines der wichtigsten Metalle für die moderne Mobilität. Es gehört wie Platin zur Gruppe der Platinmetalle (PGM) und ist für seine herausragenden katalytischen Eigenschaften bekannt. In den letzten Jahren hat es sich insbesondere als unverzichtbare Komponente in Benzinfahrzeugen etabliert – sowohl in klassischen als auch in Hybridmodellen.

Schlüsselrolle in der Abgasnachbehandlung
Palladium wird vorrangig in Abgaskatalysatoren für Benzinmotoren eingesetzt. Dort wandelt es giftige Abgase wie Kohlenmonoxid, Stickoxide und unverbrannte Kohlenwasserstoffe in weniger schädliche Stoffe um.
Besonders strenge Emissionsvorschriften in China, Indien, den USA und der EU haben den Palladiumbedarf in den letzten Jahren stark erhöht.
Industrielle Einsatzbereiche jenseits des Automobils
Neben dem Automobilsektor wird Palladium auch in anderen Hightech-Bereichen eingesetzt:
Elektronikindustrie: Palladium ist Bestandteil von Mehrschicht-Keramikkondensatoren (MLCCs), die in Smartphones, Laptops, E-Autos und vielen anderen Geräten verbaut werden.
Wasserstofftechnologie: Palladium kann Wasserstoff absorbieren, speichern und selektiv durchlassen, was es in Spezialanwendungen wie Gassensoren oder Wasserstoffreinigungssystemen einsetzbar macht.
Zahnmedizin: Aufgrund seiner Korrosionsbeständigkeit und Biokompatibilität ist Palladium ein beliebter Bestandteil von Dentallegierungen.
Schmuckindustrie: Als Legierungsmetall für Weißgold verleiht es Schmuckstücken Härte, Glanz und eine helle Farbe. Reines Palladium wird zunehmend als Alternative zu Platin oder Weißgold genutzt.
Zwischen Nachfrageboom und technologischem Wandel
Die Palladiummärkte waren in den letzten Jahren geprägt von Knappheit und Preisrekorden. Hauptförderländer sind Russland (weltweit größter Produzent) und Südafrika. Politische Unsicherheiten, etwa durch Sanktionen oder Handelsrestriktionen, können hier schnell für Preisschwankungen sorgen.
Zugleich wächst der Druck auf Hersteller, Platin als günstigere Alternative in Benzin-Katalysatoren einzusetzen. Auch die steigende Verbreitung batterieelektrischer Fahrzeuge (BEVs) reduziert langfristig den Bedarf an Palladium – vor allem in Märkten mit konsequenter E-Mobilitätsstrategie.
Zukunft mit Hybridpotenzial
Trotz der Elektromobilität bleibt Palladium in Hybridfahrzeugen weiterhin gefragt, da diese in der Regel mit Benzinmotor und Katalysator ausgestattet sind. Auch in Ländern mit langsamerer Umstellung auf E-Mobilität – etwa in weiten Teilen Asiens, Lateinamerikas oder Afrikas – dürfte Palladium auf absehbare Zeit eine tragende Rolle spielen.
Platin und Palladium als Investment
Platin und Palladium gewinnen als Edelmetall-Investments zunehmend an Bedeutung – insbesondere für Anleger, die ihr Portfolio diversifizieren oder gezielt auf industrielle Nachfrage und technologische Trends setzen möchten.
Steuerliche Besonderheiten
Ein wichtiger Unterschied zu Goldanlagen betrifft die Mehrwertsteuer:
Platin und Palladium unterliegen in der EU der Mehrwertsteuer (i.d.R. 19%), wenn sie physisch ausgeliefert werden.
Anleger können dies umgehen, wenn sie die Edelmetalle in einem Zollfreilager lagern lassen.
Marktpotenzial und Risikofaktoren
Platin und Palladium gelten als industriell getriebene Edelmetalle, deren Preisentwicklung stark von Angebot, Nachfrage und geopolitischen Faktoren beeinflusst wird.
Chancen:
Wachsender Einsatz in Wasserstofftechnologie (Platin) und Hybridfahrzeugen (Palladium)
Angebotsrisiken durch politische Instabilität in Förderländern wie Russland oder Südafrika
Potenzial für Preissteigerungen bei Engpässen oder erhöhter Industrienachfrage
Risiken:
Volatile Preise durch Konjunkturschwankungen und technologische Substitution (z.B. durch Recycling oder Umstieg auf andere Metalle)
Wechselkurseffekte und steuerliche Hürden beim Kauf im Ausland
Chancen und Risiken für Anleger
Platin und Palladium zählen zu den unterschätzten Schätzen und bieten als Investment interessante Perspektiven – allerdings auch gewisse Unsicherheiten. Eine ausgewogene Betrachtung der Chancen und Risiken ist für Anleger essenziell, insbesondere im Vergleich zu klassischen Edelmetallen wie Gold und Silber.
Chancen – Industrielle Nachfrage und Zukunftstechnologien
Hohe industrielle Nachfrage: Rund 80% des globalen Palladiumverbrauchs und rund 50% des Platinverbrauchs entfallen auf industrielle Anwendungen. Besonders die Autoindustrie, die Chemiebranche und die Elektronikindustrie sind zentrale Abnehmer.
Potenzial durch grüne Technologien: Platin spielt eine Schlüsselrolle in der Wasserstoffwirtschaft, insbesondere in Brennstoffzellen und Elektrolyseuren. Weltweit forcierte Klimaziele und der Ausbau erneuerbarer Energien könnten hier den Bedarf langfristig steigern.
Diversifikation im Edelmetall-Portfolio: Platin und Palladium zeigen eine geringere Korrelation zu Gold und Silber, da ihre Preise stark durch Industrienachfrage getrieben sind. Das macht sie zu einer wertvollen Ergänzung für breit aufgestellte Edelmetallportfolios.
Verknappung durch Förderprobleme: Da ein Großteil der weltweiten Förderung aus wenigen Ländern (v.a. Südafrika, Russland) stammt, kann es bei politischen oder technischen Störungen zu Angebotsschocks kommen – was die Preise potenziell steigen lässt.

Risiken – Volatilität und geopolitische Abhängigkeiten
Starke Preisschwankungen: Platin und Palladium gelten als deutlich volatiler als Gold. Preissprünge von mehreren Prozent an einem Handelstag sind keine Seltenheit – was sowohl Chancen als auch Risiken birgt.
Abhängigkeit von politischen Entwicklungen: Über 70% des Platins kommt aus Südafrika, einem Land mit häufigen Streiks, Energieproblemen und instabiler Infrastruktur. Palladium hingegen stammt zu rund 40% aus Russland, was das Metall in geopolitisch unsicheren Zeiten anfällig macht.
Substitutionsrisiken: Die Autoindustrie versucht zunehmend, teure Metalle durch günstigere Alternativen zu ersetzen. So wird beispielsweise Palladium in Katalysatoren teilweise durch Platin ersetzt. Technologische Durchbrüche – etwa in der Batterietechnologie – könnten die Nachfrage längerfristig dämpfen.
Recycling und Sekundärmarkt: Ein zunehmender Anteil der Versorgung stammt aus Recycling – besonders bei Palladium aus ausgedienten Katalysatoren. Dies könnte den Druck auf die Primärnachfrage erhöhen und langfristig auf die Preise wirken.
Fazit – Für risikobewusste, informierte Anleger
Wer Platin und Palladium ins Portfolio aufnimmt, investiert in zwei industriell stark genutzte und strategisch relevante Metalle. Sie bieten attraktive Perspektiven, aber auch besondere Herausforderungen. Eine fundierte Marktbeobachtung, langfristige Ausrichtung und ggf. Beimischung über Zollfreilagerlösungen sind empfehlenswert – vor allem für Anleger, die über klassische Edelmetallinvestments hinausdenken möchten.
Mehr als nur „die anderen Edelmetalle“
Platin und Palladium sind weit mehr als Nischenprodukte – sie sind essenzielle Rohstoffe der modernen Industrie und gewinnen in der Energiewende zunehmend an Bedeutung. Für Anleger, die über den Tellerrand von Gold und Silber hinausblicken, bieten beide Metalle eine interessante Beimischung mit langfristigem Potenzial – vorausgesetzt, man bringt eine gewisse Risikotoleranz mit. Mehr Ratgeber zum Thema finden Sie in unserer Infothek.